Es muss 1955 gewesen sein, als Norbert in mein Leben trat. Meine Eltern, meine Geschwister Heidi, Klaus und ich waren aus dem oberbayerischen Garmisch an den Niederrhein „umgesiedelt“ worden. Mein Vater Heinz war in der Deko-Abteilung bei Kaiser’s Kaffee gelandet. Wir bezogen in Viersen eine Wohnung auf der Bahnhofstraße 20, die in den faschistischen Zeiten Adolf-Hitler-Straße hieß, und wurden Nachbarn von Herlets, die nebenan wohnten. Das war der Beginn einer späteren jahrzehntelangen engen Freundschaft.
In den 60iger Jahren sahen wir uns auf dem Schulhof des Humanistischen Gymnasiums in Viersen meist aus der Ferne, da der sieben Jahre ältere Norbert schon ein Primaner war, für den man Papier aufheben musste. Allerdings nicht für Norbert! Gelegentlich sah man sich ab Mitte der 60iger bei Tomper, der legendären Kneipe in Viersen. Im Übrigen haben Norbert und ich den Verstoß gegen den § 9 der Schulgesetzgebung gemeinsam.
In den 60iger Jahren sahen wir uns auf dem Schulhof des Humanistischen Gymnasiums in Viersen meist aus der Ferne, da der sieben Jahre ältere Norbert schon ein Primaner war, für den man Papier aufheben musste. Allerdings nicht für Norbert! Gelegentlich sah man sich ab Mitte der 60iger bei Tomper, der legendären Kneipe in Viersen. Im Übrigen haben Norbert und ich den Verstoß gegen den § 9 der Schulgesetzgebung gemeinsam.
In den siebziger Jahren war der Kontakt eher von zufälliger Natur, da ich in Köln zu studieren begann. Allerdings trafen wir uns bei Feten und ich wurde von der einige Jahre älteren Dreierbande Herlet-Bevers-Rüsges aufgenommen. In Erinnerung bleibt mir aus dieser Zeit vor allem der „Vietcong in Aspik“! So hieß Norberts Beitrag zu einer alternativen Kunstausstellung in Viersen. Eine kleine Figur lag in einer Sardinendose! Gewiss eine Anspielung auf den Vietnamkrieg, der uns alle politisierte. Dennoch wurden die USA später zum beliebten Reiseziel für Norbert.
Norberts Kreativität kannte fast keine Grenzen, unabhängig von der Materie. Ob es die Malerei, das Fotografieren, das Musikhören (Zappa!), das Verfassen von Texten, die Suche nach Ammoniten, die Arbeit am Computer oder auch das geliebte Fußballspiel waren. Norbert war immer mittendrin, vertieft, detailverliebt, interessiert und hellwach, manchmal auch skurril und kauzig. Wenn er allerdings genug von einem Projekt hatte, dann konnte er abrupt aufhören. So erinnere ich mich, dass er für mich überraschend seine hochwertige Fotoausrüstung plötzlich an einen Kollegen verkaufte. Vielleicht war aber auch ein überzogenes Konto der Grund!
Norberts Kreativität kannte fast keine Grenzen, unabhängig von der Materie. Ob es die Malerei, das Fotografieren, das Musikhören (Zappa!), das Verfassen von Texten, die Suche nach Ammoniten, die Arbeit am Computer oder auch das geliebte Fußballspiel waren. Norbert war immer mittendrin, vertieft, detailverliebt, interessiert und hellwach, manchmal auch skurril und kauzig. Wenn er allerdings genug von einem Projekt hatte, dann konnte er abrupt aufhören. So erinnere ich mich, dass er für mich überraschend seine hochwertige Fotoausrüstung plötzlich an einen Kollegen verkaufte. Vielleicht war aber auch ein überzogenes Konto der Grund!
Ab 1980 hatten wir wieder engeren Kontakt, da ich meine Referendarzeit am Neusprachlichen Gymnasium in Mönchengladbach, wo Norbert Biologielehrer war, ableistete. So sahen wir uns täglich, nicht nur im Dienst. Absolutes Highlight war das Fußballspiel mit den Kollegen freitags in der Halle. Da hat er mit seiner eigenwilligen und nicht berechenbaren Spielweise den Gegenspielern den „Nerv“ geraubt.
Auf Überraschungen musste man bei Autofahrten mit Norbert gefasst sein, denn er pflegte eine gewisse Rasanz. Bei einer gemeinsamen Fahrt zum Fußballspiel in Leloh drückte er so stark auf das Gaspedal seines getunten Fiat Turbo, dass mir bei ca. 200 km/h Angst und Bange wurde. Norbert sagte nur „Brauchst keine Angst zu haben“ und ging vom Gas runter. Er war eben empathisch!
Auf Überraschungen musste man bei Autofahrten mit Norbert gefasst sein, denn er pflegte eine gewisse Rasanz. Bei einer gemeinsamen Fahrt zum Fußballspiel in Leloh drückte er so stark auf das Gaspedal seines getunten Fiat Turbo, dass mir bei ca. 200 km/h Angst und Bange wurde. Norbert sagte nur „Brauchst keine Angst zu haben“ und ging vom Gas runter. Er war eben empathisch!
Witzig war „Krümel“ allemal! Bei einer Karnevalsparty im Hause einer befreundeten Dame waren die meisten Gäste – wie gewünscht – verkleidet. Norberts Verkleidung bestand aus einem Kochlöffel am Hosengürtel!
Er war ein gern gesehener Gast – zeitweise fast täglich – bei uns in der Kaiserstraße 151. Interessiert nahm er Anteil an der Schwangerschaft mit unserem ersten Kind Anna und machte wunderschöne Fotos von der hochschwangeren Gabriele. Abends waren wir regelmäßig im Zorbas am Schillerplatz, wo Norbert u. a. seine Spielfreude am Flipper austobte. Zudem spielten wir gemeinsam Fußball bei „Lawine Zorbas“. Da Norbert unsere Wohnung gut kannte, wurde er folgerichtig unser Nachmieter.
Norbert war seiner Zeit voraus: Er erwarb sehr schnell Kompetenzen am Computer. Die Umsetzung der heutigen Forderung nach digitalem Lernen wäre für Norbert ein Kinderspiel gewesen Auch hier zeigte sich sein besonderer Lerneifer und seine Neugierde. Wenn er sich einmal für etwas interessierte, vertiefte er sich darin – manchmal besessen – und brannte dafür. Mit seinem Schüler Jörg Schieb teilte er das Interesse am Computer. Ich behaupte sogar, dass Norbert an der Karriere des anerkannten WDR-Computerexperten einen gehörigen Anteil hatte.
Norbert war seiner Zeit voraus: Er erwarb sehr schnell Kompetenzen am Computer. Die Umsetzung der heutigen Forderung nach digitalem Lernen wäre für Norbert ein Kinderspiel gewesen Auch hier zeigte sich sein besonderer Lerneifer und seine Neugierde. Wenn er sich einmal für etwas interessierte, vertiefte er sich darin – manchmal besessen – und brannte dafür. Mit seinem Schüler Jörg Schieb teilte er das Interesse am Computer. Ich behaupte sogar, dass Norbert an der Karriere des anerkannten WDR-Computerexperten einen gehörigen Anteil hatte.
Norbert und ich sind uns immer sehr freundschaftlich begegnet. An größere Meinungsverschiedenheiten kann ich mich nicht erinnern. An meinem 30. Geburtstag (1981) war ich allerdings sauer auf ihn, da er auf der häuslichen Fete ständig die Musik hochknallte. Dies führte zum mehrmaligen Erscheinen der Polizei! Dafür hatte er nur ein mildes oder auch ironisches Lächeln übrig. Die Androhung, die Musikanlage zu konfiszieren, beeindruckte ihn nicht wirklich. Sozusagen als Entschädigung dafür hat er sich dann an meinem 50. Geburtstag zwanzig Jahre später als Partyfotograf nützlich gemacht. Die CD-ROM „Thomas Menzel 50“ warf er dann kurze Zeit später in unseren Briefkasten.Hüte ich in Erinnerung an Norbert wie einen Gralsschatz.
Norbert half mir auch entscheidend bei meinem Schuleinstieg 1994. Nach einem chaotischen ersten Schultag mit disziplinlosen Schüler*innen an der Janusz-Korczak-Gesamtschule in Neuss habe ich ihn völlig entnervt angerufen und ihm gesagt, dass ich das beenden werde. Norbert hörte sich mein Klagen an und sagte nur: „Du gehst morgen in den Unterricht und beachtest Folgendes: 1. Beobachten 2. Analysieren 3. Entscheiden! Wenn du eine Entscheidung getroffen hast, musst du sie knallhart durchziehen. Zur Not kannst du auch mal einen zusammenfalten.“ Genau das habe ich am nächsten Tag gemacht und wurde ein sehr zufriedener und geachteter Lehrer. Danke Norbert!
Norbert half mir auch entscheidend bei meinem Schuleinstieg 1994. Nach einem chaotischen ersten Schultag mit disziplinlosen Schüler*innen an der Janusz-Korczak-Gesamtschule in Neuss habe ich ihn völlig entnervt angerufen und ihm gesagt, dass ich das beenden werde. Norbert hörte sich mein Klagen an und sagte nur: „Du gehst morgen in den Unterricht und beachtest Folgendes: 1. Beobachten 2. Analysieren 3. Entscheiden! Wenn du eine Entscheidung getroffen hast, musst du sie knallhart durchziehen. Zur Not kannst du auch mal einen zusammenfalten.“ Genau das habe ich am nächsten Tag gemacht und wurde ein sehr zufriedener und geachteter Lehrer. Danke Norbert!
Während des Schreibens meines Buches über das Humanistische Gymnasium Viersen in der NS-Zeit hätte ich gerne Norbert und unseren gemeinsamen – ebenso verstorbenen – Freund Jücki als Diskussionspartner gehabt. Sie hätten sicherlich noch einige Geschichten und Erlebnisse über die Lehrer des Humanistischen Gymnasiums beitragen können. Es wäre trotz der schwierigen Thematik bestimmt viel gelacht worden!
Norberts Erkrankung und sein langsames Sterben haben mich traurig gemacht, da ich mit ihm einen aufrichtigen Freund verloren habe. Natürlich hatte Norbert auch Schwächen, über die aber andere – unter Umständen weiblichen Geschlechts – berichten können. Ich werde das nicht tun. Der kürzlich verstorbene Intendant Jürgen Flimm hat 2004 nach einem schweren Unfall eine vorläufige Bilanz seines Lebens gezogen, die auch für Norbert hätte gelten können:
Norberts Erkrankung und sein langsames Sterben haben mich traurig gemacht, da ich mit ihm einen aufrichtigen Freund verloren habe. Natürlich hatte Norbert auch Schwächen, über die aber andere – unter Umständen weiblichen Geschlechts – berichten können. Ich werde das nicht tun. Der kürzlich verstorbene Intendant Jürgen Flimm hat 2004 nach einem schweren Unfall eine vorläufige Bilanz seines Lebens gezogen, die auch für Norbert hätte gelten können:
„Ich habe etwas im Leben erreicht, die Damen waren nett zu mir – da gehe ich jetzt halt mal rüber und komme unter Garantie in den Himmel, wo ich dann Mozart kennenlerne.“ Bei Norbert würden es Frank Zappa oder Maria Callas gewesen sein!
Thomas Menzel/Februar 2023